Träume werden wahr: Pünktlich zum Frühlingsbeginn las ich im Hilde-Domin-Saal der Stadtbücherei Heidelberg vor den erfrischend aufgeweckten Fünfklässler:innen der Gregor-Mendel-Realschule und den fast schon unheimlich umfassend informierten Sechstklässler:innen des Hölderlin Gymnasiums. Vielen lieben Dank für eure offenen Ohren, euer Mitgehen, all die Fragen - und Antworten. Nie hätte ich gedacht, dass ich einmal dort stehen und aus Hendrik und der berühmteste Häftling der Welt lesen würde, umgeben von Hilde Domins Gedichten, die mir viel bedeuten. Hilde Domin - wie auch Mascha Kaléko, Rose Ausländer, Ingeborg Bachmann und Friederike Mayröcker - wies mir einen Weg ins eigene Schreiben, der mir, als ich so alt war wie mein junges Publikum, nahezu undenkbar erschienen war, lasen wir doch damals in der Schule beinahe ausschließlich die Literatur von alten weißen Männern, von denen die meistens überdies bereits gestorben waren, und ich schlußfolgerte, haarscharf: Leute, die schreiben, liegen allesamt unter der Erde. Ich bin froh, dass es anders gekommen ist und ich lebe und schreibe!

Am 7. Oktober 2022 las ich im Rahmen der Landesliteraturtage Sachsen-Anhalt aus Martha, Helen und der Weg aus der Dunkelheit in der schönen Lutherstadt Wittenberg. Das Thema der Landesliteraturtage lautete in diesem Jahr Sprachschätze. Das passte, so steht es auch im Buch, als Martha Washington das Wunder der Buchstaben für sich entdeckt: “Annie hat mir einen Schatz in meine Hände gelegt. Den lasse ich nie wieder los. Sobald ich daran denke, fängt mein Herz zu flattern an.”